Gedenkveranstaltung Weiße Rose Sonnabend, 18. Februar
1. März 2017
Gedenken zum 74. Jahrestag für die hingerichteten Mitglieder der antifaschistischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose”.
Liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Freundinnen und Freunde! Ich bin André Buschmann und bin im Landesvorstand der Vereinigung der Verfolgten des Naziregime-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Hamburg.
Da meine Großeltern im Widerstand gegen Hitler waren und mir davon erzählten, interessierte ich mich für das Thema Widerstand und Verfolgung im „Dritten Reich“ seit ich ungefähr 8 Jahre alt war. Damit nicht mehr geschehe was einmal geschah, erzählte ich nicht nur in der Schule in Projektwochen über den Widerstand, sondern auch später in der Gewerkschaftsjugend, in der SDAJ, Jugendweihe Vorbereitungs-Kursen und aktuell auf Stadtteilrundgängen in Eimsbüttel.
Für mich sind die Erlebnisse von Widerstandskämpferinnen und Kämpfern und Verfolgten, von den ich einige noch persönlich kennengelernt habe, Mahnung und Verpflichtung.
Den ersten Zugang zum Thema Weiße Rose/Geschwister Scholl, erhielt ich mit ca. 13 Jahren, als ich den Film „Die Weiße Rose“ im Kino anschaute. Eine der Schlussszenen ist, als die Geschwister Scholl am 18.02.1943 ihre letzten Flugblätter an der Universität in München von der Balustrade warfen. In der Realität, bekam der Hamburger Student der Chemie, Hans Conrad Leipelt dieses Flugblatt in sein Briefkasten. Gemeinsam mit der Studentin Marie Louise Jahn vervielfältigte er das letzte Flugblatt, nach der Hinrichtung der Geschwister Scholl am 22.02.1943 und brachten es in den Osterferien nach Hamburg.
Sie versahen die Abschriften mit dem Zusatz: “ Und Ihr Geist lebt trotzdem weiter“. Sie trafen sich mit Heinz Kucharski und die der Widerstandsgruppe der Hamburger Universität nahe stehenden Personen wie Traute Lafrenz, die schon 1942 Flugblätter der Weißen Rose München nach Hamburg brachten. Hans Leipelt wurde am 18.Juli 1921 in Wien geborgen. Nach dem Abitur ging er freiwillig zur Wehrmacht. Im August 1040 wurde er aufgrund der Nürnberger Rasse Gesetze als „Halbjude“ unehrenhaft aus der Wehrmacht entlassen. Durch Hilfe seines Vaters, konnte er in Hamburg ein Chemie Studium beginnen. Auch dort konnte er auf Grund der Rassengesetze nicht bleiben. Im Winter 42/43 konnte er sein Studium in München bei Professor Heinrich Wieland, der sich nicht um die Rassengesetze scherte, fortsetzen.
Der Hamburger Kreis, später auch Weiße Rose Hamburg genannt, hat sich unter der Wirkung der ersten Münchener Flugblätter der Weißen Rose zusammengefunden. Es waren ca. 50 Personen. Nicht alle Mitglieder kannten sich persönlich. Es waren Schüler, Studenten, Ärzte und Lehrer .
Um die einzelne Kreise der Gruppe zu koordinieren, trafen sich Mitglieder der Gruppe unter anderem in drei Hamburger Buchhandlungen: Der Buchhandlung Kloss, der Hamburger Bücherstube Felix Jud und der Buchhandlung der Agentur des Rauhen Hauses.
Ein Freundeskreis bildete sich bereits im Jahre 1935 um die Lehrerin der Lichtwarkschule Erna Stahl. Sie trafen sich in einer Wohnung um verbotene Literatur zu lesen und zu diskutieren. Darunter waren auch die damaligen Lichtwark Schüler: Margarete Rothe, Traute Lawrenz und Heinz Kucharki. Traute Lawrenz war schon 1939 mit dem späteren Mitglied der Weißen Rose München Alexander Schmorel zusammen getroffen und hatte dadurch Kontakt zu den Geschwistern Scholl.
Traute Lawrenz studierte Medizin und war auch in einer Widerstandsgruppe in der Hamburger Uniklinik. Unter den Eindruck des Wirkens der Geschwister Scholl kam es 1942/43 zu einem festen Zusammenschluss der Gruppe um Leipelt und der Gruppe um Lawrenz / Kucharki.
Die Gestapo setze Spitzel ein, wie Yvonne Glass und Maurice Sachs Ettinghausen, um die Gruppe dingfest zu machen.
Beim Sammeln von Geld für die Witwe des Professor Huber, einem Mitglied der Weißen Rose München, wurde Hans Leipelt in München am 8. Oktober verhaftet. In der Zeit von Mai 1943 bis März 1944 wurden insgesamt 32 Personen von der Weißen Rose Hamburg, die durch viele Kreuz und Querverbindungen in Beziehung standen, inhaftiert.
Hans Leipelt wurde am 13. Oktober 1944 in Donauwörth vom Volksgericht als Hochverräter wegen des Hörens ausländischer Rundfunksender, der Wehrkraftversetzung und der „Feindbegünstigung“ zum Tode verurteilt.
Marie-Luise Jahn zu 12 Jahren Zuchthaus. Die Hinrichtung Hans Leipelts erfolgte am 29. Januar 1945 in München Stadelheim durch das Fallbeil.
Traute Lawrenz wurde im Zuge der Ermittlungen der Weißen Rose München verhaftet und mangels Beweisen freigesprochen. Aber bei den Ermittlungen gegen die Weiße Rose Hamburg zwei Wochen später erneut verhaftet. 1945 wurde sie von Alliierten befreit und ging 1947 in die USA und lebt in South Carolina.
Heinz Kucharski wurde mit Margarete Rothe am 9.November 1943 verhaftet. Vom 17. April bis 20. April 1945 führte der Volksgerichtshof in Hamburg vier Prozesse gegen die Mitglieder der Weißen Rose in Hamburg.
Die meisten der Angeklagten waren jedoch schon einige Tage zuvor von den Alliierten aus dem Landgerichtsgefängnis Stendal bzw. dem Zuchthaus St. Georgen Bayreuth befreit worden, darunter Erna Stahl. Sie starb 1980.
Heinz Kucharski, der im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel eingesessen hatte, wurde zum Tode verurteilt. Während des Transports zur Hinrichtungsstelle im Zuchthaus Bützow – Dreibergen kam es in der Nacht vom 20. auf den 21. April bei Grevesmühlen zu einem Angriff von englischen Tieffliegern. Kucharski konnte in der allgemeinen Panik entkommen und sich zur Roten Armee flüchten. Er starb im Jahre 2000.
Margaretha Rothe starb vor der Befreiung am 15. April 1945, an den Folgen einer Lungentuberkulose und Rippenfellentzündung .