Hamburg, den 4. Februar.2022 – PRESSEMITTEILUNG – Das Hamburger Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark ist nicht nur ein koloniales, sondern auch ein nationalistisches und antidemokratisches Denkmal!!

5. Februar 2022

Zahlreiche Initiativen kritisieren den rein postkolonialen Blick von Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda auf das Bismarck-Denkmal, das intransparente Vorgehen seiner Behörde und die Nichtbeteiligung der zivilgesellschaftlichen und dekolonialen Aktivist:innen bei dem Prozess der Neukontextualisierung. Sie fordern ein offenes Beteiligungsverfahren und transparente, demokratische Entscheidungen zum weiteren Umgang mit dem Denkmal.

Nach drei englischsprachigen Online-Vortragsabenden mit dem Titel „Bismarck neu kontextualisieren“, an denen es nicht gelungen war, die eingeladenen internationalen Sachverständigen mit den städtischen Expert:innen an einen Tisch zu bringen, sagte die Hamburger Behörde für Kultur und Medien (BKM) den vierten und letzten dieser sogenannten Workshops Ende 2021 kurzfristig ab. Bei diesem sollte es, so die Ankündigung der BKM, um „die Zusammenführung der Ergebnisse und Ausarbeitung der Wettbewerbsaufgabe“ gehen. Stattdessen nutzte Kultursenator Carsten Brosda am 28. Januar 2022 den „Runden Tisch Hamburgs (post)koloniales Erbe“ als Plattform, um in einer Videobotschaft seine Vorgaben zum Umgang mit dem problematischen Denkmal zu unterbreiten – und um Neukontextualisierungen von vornherein eine Grenze zu setzen: Künstlerische Eingriffe in das Denkmal selbst sind nicht erwünscht.

„Das Verfahren für den künstlerischen Wettbewerb ist immer noch unklar“, so Ulrike Bergermann von der Initiative Bismarck’s Critical Neighbours. „Klar ist dagegen, dass noch keine Finanzierung bereitsteht. Mit der Vorgabe, das Denkmal an sich nicht zu verändern, wird zudem eine Option von vornherein und von oben ausgeschlossen.“ Bergermann weiter: „Die Gleichsetzung von Erinnerung und historischen Überresten ist falsch. Geschichte ist lebendig, sie wird gemacht. Denkmäler werden überbaut, Statuen gestürzt, Hakenkreuze entfernt – entscheidend ist die Frage, wer über die
Gestaltung des Stadtraums mitbestimmt.“ Auch ein Abriss der Bismarck-Statue und eine Dokumentation im verbleibenden Sockel sei keine „Zensur der Geschichte“, sondern eine Umgestaltung, die dem aktuellen Stand der zivilgesellschaftlichen Debatte entspricht.

Dirk Lau von der Initiative Intervention Bismarck-Denkmal Hamburg wiederum kritisiert den auf die postkoloniale Perspektive fokussierten Prozess, bei dem Diskussionen und Fragerunden auf ein Minimum beschränkt blieben. Das Denkmal im Alten Elbpark huldige aber nicht nur dem Kolonialakteur, sondern genauso dem „Reichseiniger“ und Antidemokraten Bismarck. Auch werde die Instrumentalisierung des Denkmals durch Rechtsradikale bislang von der Stadt ignoriert. Stattdessen rechtfertigt die BKM die Sanierung der nach 1939 entstandenen Wandbilder mit NS-Propaganda im Bunker des Denkmalsockels mit den Worten, es sei noch weitere Forschung nötig. Lau: „Außerdem kritisieren wir die Nichtbeteiligung der zivilgesellschaftlichen Initiativen, die diese Debatte erst angestoßen haben, sowie die fehlende Einbindung der Selbstorganisationen Schwarzer Menschen und People of Color in Hamburg und Deutschland.“

Auch Millicent Adjei von Arca – Afrikanisches Bildungszentrum findet den städtischen Umgang mit dem Denkmal schade und eine verpasste Chance, für Hamburg eine komplexe und gute Aufarbeitung vorzunehmen: „Reichskanzler Bismarck spielte europaweit eine zentrale Rolle bei der Kolonisierung Afrikas. Der steinerne Gigant ist der Dank der Hamburger Kaufleute für die satten Gewinne aus dem Kolonialgeschäft. Wir verlangen eine lokale und maßgebliche Expert:innen-Beteiligung an den Entscheidungsprozessen!“

Die Unterzeichnenden fordern bereits seit Frühjahr 2020 ein Moratorium für die Sanierung des Bismarck-Denkmals. Statt des von der Kulturbehörde praktizierten Top-Down-Verfahrens verlangen sie endlich eine echte Beteiligung durch ein neues Format: einen „Eckigen Tisch“, an dem Expert:innen, zivilgesellschaftliche Aktivist:innen und die städtischen Vertreter:innen zusammen und gleichberechtigt diskutieren – kritisch-kontrovers, inhaltlich breiter und zunächst ergebnisoffen.     Arca – Afrikanisches Bildungszentrum, Hamburg
Arbeitskreis Hamburg Postkolonial
Aufstehen gegen Rassismus
Berlin Postkolonial
Bielefeld postkolonial
Bismarck’s Critical Neighbours
Decolonize Bismarck, Hamburg
Decolonize Cologne, Köln
Decolonize Erfurt Decolonize Thüringen Decolonize Weimar Decolonize Wuppertal
Göttingen Postkolonial  
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, ISD-Hamburg
Tahir Della, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, ISD-Bund Intervention Bismarck-Denkmal Hamburg
Quo Vadis?, Hamburg Stadtteilinitiative Walle Entkolonialisieren, Bremen
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Landesvereinigung Hamburg   Kontakt und Pressebilder: bismarckdenkmalhh@gmail.com 

Initiative Gedenkort Stadthaus: Gedenk- und Lernort jetzt!

27. Januar 2022

Erklärung vom 27. Januar 2022

Damit ist ein Konzept gescheitert, mit dem sich der Investor der „Stadthöfe“ seiner im Kaufvertrag festgelegten Verpflichtung, im neuen Konsumtempel in der ehemaligen Zentrale des Nazi-Terrors im Norden auf wenigstens 750 qm einen Gedenk- und Lernort „auf seine Kosten zu realisieren sowie dauerhaft den Betrieb und die öffentliche Zugänglichkeit sicherzustellen“, billig entledigen wollte. Dieses Konzept – Gedenkort als „Dreiklang aus Buchhandlung, Café und Ausstellung“ – wurde bei Bekanntwerden 2018 auch von der Kulturbehörde als „innovativ“ verkauft.

Ob die Kulturbehörde über die aktuelle Entwicklung informiert war, ob es von Seiten der Investoren ein neues Konzept gibt, wissen wir nicht.

Wir fordern, das Ende des „Dreiklangs“ muss der Anfang für die Umsetzung der vertraglichen Verpflichtung sein!

Angehörige von Menschen, die zwischen 1933 und 1945 im Stadthaus schwer gefoltert oder gar ermordet worden waren, und Verfolgtenorganisationen haben von Anfang an gegen diese zynische Kombination von Erinnerung „light“, Kommerz und Plausch protestiert. Bis heute fordert die Initiative Stadthaus mit wöchentlichen Mahnwachen am Ort sämtlicher Nazi-Verbrechen: Terror, Deportation, Vernichtungskrieg, Zwangsarbeit die Erfüllung des Vertrags.

Vier gegen Hitler – eine Filmrezension

18. Januar 2022

Das Vermächtnis: Verantwortung übernehmen 

Wie wird der Mensch zum Menschen? Erst die unbedingter Verantwortung für den, die Anderen mache ihn zum Subjekt, so der Philosoph Emanuel Levinas.

Seine Kindheit verläuft eher trübe: Vater unbekannt, Halbgeschwister, Armut, Hänseleien in der Schule. Die hart arbeitende Mutter heiratet einen Mann mit „Nazinähe“, dessen Namen er tragen muss. Der Junge lebt viel bei den Großelten.

Hamburg, Lohbrügge: Vor dem Straßenschild:  „Helmuth-Hübener-Weg“ werden Vorbeieilende befragt: „Kennen Sie …?“ – „Nee“,  „Kenne ich nicht“ ….“tut mir leid“. Anfang des Films: „Vier gegen Hitler. Auf den Spuren der Helmuth – Hübener Gruppe.“ von Jürgen Kinter und Gerhard Brockmann. Helmuth Hübener (geb. 1925), 1942 vom Volksgerichtshof  zum Tode verurteilt, hingerichtet am 27. Oktober. Die Mitstreiter Karl- Heinz Schnibbe (geb.1925),  Rudolf Wobbe (geb.1926), Gerhard Düwer (geb. 1924) überleben, nach langer Haft und Zwangsarbeit.

Der  junge Student Mario Wienecke stimmt mit seiner  Ballade „Der Widerstand lebt“ ins Thema ein.

Dann übernimmt Ulrich Sander, er führt durch den Film. Als Jugendlicher, Mitglied der Gruppe „Sophie Scholl Jugend“, bekommt er Ende der fünfziger Jahre das Urteil des Volksgerichtshofes in die Hände. In seiner Schule am Bullenhuser Damm, wo Kinder bestialisch ermordet worden sind, werden NS-Verbrechen verleugnet. Bis heute lässt ihn die Geschichte dieses jugendlichen Widerstandes nicht los.  

Helmuth Hübener wird als eher stiller Junge beschrieben, dabei trotzdem kontaktfreudig,  wissbegierig. Mit Schnibbe und Wobbe war er als Kind in der Pfadfindergruppe der Mormonen. Nach dem Verbot der religiösen Gemeinschaft, müssen sie ins Jungvolk, bleiben nur kurz in der HJ. Nach der Schule gehen sie in die Lehre; Helmuth in die Sozialverwaltung im Bieberhaus, wo er sich mit dem Lehrling Düwer anfreundet. Schwibbe lernt Maler, Wobbe will Schlosser werden. 

Ältere Jugendliche überzeugen Hübener, BBC zu hören, er dann seine Freunde. Die Jungen werden  überzeugte „Rundfunkverbrecher“. Sie erfahren von NS- Gräueltaten. Die wiederkehrende Parole, „Tut was!“, wird ihnen zur Pflicht. Sie fasziniert Churchills Aufruf, das Victory Zeichen zu verbreiten. Etwa 60 Texte entstehen, überwiegend von Helmuth verfasst: kurze, lange, auf oft roten Streuzetteln, mit klaren Aufrufen, wie „Nieder mit Hitler“, viele mit dem „V“ versehen. Die Vier deponieren sie in Telefonzellen, werfen sie in Briefkästen. Eines Tages bringt eine Nazisse einen Streuzettel zur Polizei. Absender noch unbekannt. Schließlich bespitzelt Heinrich Mohns, NSDAP, Arbeitsfront, Hübener und Drüwer im Bieberhaus, liefert sie der Gestapo aus. Schnibbe sieht Hübener in Hamburg nur noch einmal, im Stadthaus, schwer von Folter gezeichnet. Zum allerletzten  Mal nehmen die drei Freunde von Hübener im Volksgerichtshof Abschied – nur im Augenkontakt.

Der Film bleibt bis dahin ruhig, auf Sanders Kraft des Erzählens gerichtet, unterstrichen von eingeblendeten Dokumenten. Der zweite Teil entwickelt eine andere Lebendigkeit. Wir werden nichts weniger als zu Zeuge:innen, wie Schüler:innen von Sander den Stab der Verantwortung aufnehmen. Berlin 2020: Zum 95. Geburtstag von Helmuth Hübener wird die Schule für straffällige Jugendliche nach Hübener benannt. Zuständige des Berliner Senats sind gekommen. Höhepunkt ist die szenische Auseinandersetzung junger Inhaftierter: „Er war so alt wie wir“, heißt es im Refrain. Fast keiner der Verantwortlichen sei zur Verantwortung gezogen worden, stellt Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Plötzensee fest. 

Hamburg: Der Denunziant Mohns kommt auch davon. Bereits seit 2012 ist eine Stadtteilschule in Barmbek nach Hübener benannt. 2012 hat die Schule einen künstlerischen Wettbewerb ausgerufen, der dann alle zwei Jahre wiederholt wird. Die künstlerischen Interventionen zeigen, wie innerlich angefasst sich Jugendliche mit kreativen Methoden die Geschichte ihrer Vorbilder aneignen: Songs, Musik, szenisches Spiel, kleine Kunstwerke, Installationen, überwiegend von Mädchen gestaltet. Viele sind Kinder von Einwanderern. Eine Schülerin hat ein  Logo für die Schule geprägt, aus dem Namen, die mittleren Buchstaben markiert: „Helmuth Hübener“.

>>Foto „MUT ÜBEN“<<

Was würde er einem jungen Menschen im Abitursjahr antworten, der ihn frage, was Philosophie sei: „Schlaflosigkeit, als ein erneutes Erwachen inmitten der Gewissheiten“, so Levinas. Es sei „genaugenommen die Begegnung mit dem anderen Menschen, die uns zum Aufwachen ermahnt“.

Auch das zeigt der Film – Zusammengefasst: Diese Auseinandersetzung mit dem Vermächtnis der Hübener Gruppe ist ein filmisches Kleinod, nicht nur für Hamburger Schulen.

Gastautorin Brigitta Huhnke

„Vier gegen Hitler – Auf den Spuren der Helmuth-Hübener-Gruppe“, D2021 von Dr. Jürgen Kinter und Gerhard Brockmann

Sonntag, 30. Januar 2022, 17.00 Uhr          

Ort: Kommunales Kino METROPOLIS, Kleine Theaterstraße 10 – Hamburg

DVD demnächst erhältlich für 19,80 € plus Versand 2,50 €: VVN-BdA Hamburg – bestellen unter vvn-bda.hh@t-online.de

Woche des Gedenkens Hamburg Nord

18. Januar 2022

Programm unter

https://www.hamburg.de/contentblob/15778654/b7f771c6f3562b6be3504a0a07cea1a3/data/download-flyer-woche-des-gedenkens-2022.pdf

Sonntag, 30. Januar 2022, 17.00 Uhr – Vier gegen Hitler – Auf den Spuren der Helmuth-Hübener-Gruppe

18. Januar 2022

Ein Film von Jürgen Kinter und Gerhard Brockmann (mpz), 2021 D

Der Film erinnert an die Hamburger Widerstandsgruppe „Helmuth-Hübener“. Sie hörte in der Nazizeit ausländische Radiosender ab und verteilte in verschiedenen Hamburger Stadtteilen selbst geschriebene Flugblätter, die das Unrecht der Naziherrschaft ­ anprangerten. Durch Verrat am Arbeitsplatz flogen die Aktivitäten der Jugendlichen auf. Mitausdurchsuchungen, Verhören und Ha­ versuchte die Geheime Staatspolizei die Jugendlichen einzuschüchtern.

Im Oktober 1942 wird Helmuth Hübener mit 17 Jahren zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Die drei anderen Mitglieder der Gruppe, Karl-Heinz Schnibbe, Rudolf Wobbe und Gerhard Düwer, erhielten langjährige Haftstrafen. Nachdem in der Nachkriegszeit nur wenige an die Geschichte der Hamburger Widerstandsgruppe erinnerten, hat in jüngerer Zeit ein Umdenken stattgefunden. An zahlreichen Orten wird heute in Hamburg und anderswo die Erinnerung an dieses mutige Eintreten für die Gedanken- und Meinungsfreiheit wachgehalten, in Form von Straßen- und Schulbenennungen, Wandbildern, Ausstellungen, Kulturwettbewerben an Schulen, Gedenktafeln, Liedern, Stolpersteinaktionen und Mahnwachen an ehemaligen Haftorten.

Gesprächsgäste: die Filmemacher Jürgen Kinter und Gerhard Brockmann

Ort: Kommunales Kino METROPOLIS, Kleine Theaterstraße 10 – Hamburg

Dienstag, 26. April, 19.30 Uhr – FASIA JANSEN-MASSAQUOI – Vom erlebten Rassismus zum gelebten Widerstand

18. Januar 2022

Aus der Biografie einer kämpferischen Frau. Geboren und aufgewachsen in einem Hamburger Arbeiterviertel. Frühe Erfahrung mit nationalsozialistischer Verfolgung aufgrund ihrer Hautfarbe. Umzug nach Oberhausen Mitte der 50er Jahre aus gesundheitlichen Gründen. Aktivistin für Frieden, Frauenrechte und in Arbeitskämpfen.  Immer dabei: ihr Gesang und ihre Musik.  „Sie war vielleicht die authentischste Sängerin von uns allen“(Hannes Wader) 

Veranstalter:innen Bürgerhaus Barmbek / VVN-BdA HH Nord

Ort: Bürgerhaus Barmbek, Lorichstraße 28a

Donnerstag, 10. Februar, 11.00 Uhr – „Sonderführungen in der Gedenkstätte Kolafu“

18. Januar 2022

mit der Zeitzeugin Ilse Jacob und Thomas Mayer
(auch für Schulklassen geeignet)

Veranstalterin: VVN-BdA Hamburg-Nord
Anmeldung erforderlich unter: vvn-bda-hh-nord@gmx.net
Teilnahme ist kostenlos. Spenden erwünscht!

Ort: Gedenkstätte KolaFu, Suhrenkamp 98

Esther & Peggy am 8. Mai 2021 – das müsst ihr gesehen haben!!!

30. Oktober 2021

https://www.hamburg-by-rickshaw.de/2021/05/08/8-mai-2021-tag-der-befreiung/

Samstag, 06. November, 14:00 Uhr – 10 Jahre NSU Selbstenttarnung – NSU-Morde aufklären, Rassismus bekämpfen, Rechten Terror stoppen!

19. Oktober 2021

Demonstration

Ramazan-Avci-Platz (S Landwehr)

Vor zehn Jahren, am 4. November 2011, enttarnte sich das Kerntrio des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ NSU. Obwohl offiziell gesucht, hatte es 13 Jahre lang unbehelligt in Chemnitz und Zwickau leben und von dort aus rassistische Morde und Sprengstoffanschläge sowie zahlreiche Raubüberfälle in mehreren Großstädten begehen können.

Am Jahrestag der Selbstenttarnung gedenken wir der Opfer des NSU-Netzwerkes:

Enver Şimşek (9.9.2000, Nürnberg),

Abdurrahim Özüdoğru (13.6.2001 Nürnberg),

Süleyman Taşköprü (27.6.2001 Hamburg),

Habil Kılıç (29.8.2001 München),

Mehmet Turgut (25.2.2004 Rostock),

İsmail Yaşar (9.6.2005 Nürnberg),

Theodoros Boulgarides (15.6.2005 München),

Mehmet Kubaşık (4.4.2006 Dortmund),

Halit Yozgat (6.4.2006 Kassel) und

Michèle Kiesewetter (25.4.2007 Heilbronn).

Bei drei Sprengstoffanschlägen wurden über zwei Dutzend Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt: in Nürnberg 1999 und in Köln 2001 in der Probsteigasse und 2004 in der Keupstraße. In den vergangenen Jahren starben Überlebende an den Folgen des Anschlags, wie Atilla Özer aus Köln.

Wir erinnern an die Unfähigkeit und den Unwillen deutscher Sicherheitsbehörden, rechten Terror wahrzunehmen und aufzuklären:

Institutioneller Rassismus in den Strafverfolgungsbehörden hat die Aufklärung blockiert und die Fortsetzung der rassistischen Morde begünstigt. Statt die Hinweise von Opfern und Bedrohten auf den rassistischen Hintergrund der Morde und Anschläge ernst zu nehmen, stigmatisierten die Sicherheitsbehörden über Jahre hinweg die Opfer und ihre Angehörigen. Verfassungsschutzämter unterschlugen Hinweise auf das untergetauchte Trio und umstellten es mit Dutzenden von V-Leuten. Das V-Leute System hatte zum Erstarken der neonazistischen Bewegung beigetragen. In Verbindung mit dem Prinzip „Quellenschutz vor Aufklärung“ schützte es die Täter:innen vor Aufdeckung und Strafverfolgung und behinderte nach ihrer Selbstenttarnung die Aufklärung.

Vollständige Aufklärung! Für einen Untersuchungsausschuss auch in Hamburg!

Nicht aufgeklärt, auch nicht durch den Münchner NSU-Prozess, ist vor allem das Netzwerk, das die NSU-Kernzelle deckte und die das NSU-Netzwerk weiß, verdankt sie engagierten Journalist:innen und Anwält:innen, antifaschistischer Recherche und den Untersuchungsausschüssen im Bund und den Tatortländern. Nur Hamburg hat sich, als einziges Tatortland, selbst dem Versuch einer Aufklärung verweigert. Bis heute wird das Totalversagen damit kleingeredet, dass es keinerlei Hinweis auf einen rechten, rassistischen Hintergrund gegeben habe.

Dabei hatte rechter, antisemitischer, rassistischer Terror – von Straßenterror und Hetzjagden bis zu Morden und tödlichen Anschlägen wie dem Münchner Oktoberfestattentat – nach 1945 eine breite Blutspur durch Deutschland gezogen, hunderte Menschen getötet, unzählige verletzt, eingeschüchtert, bedroht.

Auch in Hamburg: Hier verübten Neonazis 1980 einen Sprengstoffanschlag auf die kurz zuvor nach dem 1942 im KZ Treblinka ermordeten jüdischen Kinderarzt Janusz Korczak umbenannte Schule am Bullenhuser Damm mit zwei Verletzten. Im August 1980 töteten sie bei einem Brandanschlag auf eine Unterkunft die beiden vietnamesischen Geflüchteten Ngoc Chau Nguyên und Dô Anh Lân. 1982 verübten sie einen Fememord an einem schwulen Gleichgesinnten. Aus rassistischem Hass ermordeten sie im Juli 1985 Mehmet Kaymakçı und wenige Monate später, im Dezember, Ramazan AVCI. Rassistische Gewalt nahm in den 1990er Jahren erheblich zu. In unmittelbarer Nachbarschaft Hamburgs, in Mölln, zündeten Neonazis zwei Häuser an, drei Menschen starben in den Flammen. 2000, ein Jahr vor dem Mord an Süleyman Taşköprü, erreichten die Vorfälle rassistischer Alltagsgewalt in Hamburg einen neuen, bedrohlichen Höhepunkt.

Die Hamburger Sicherheitsbehörden jedoch haben bei ihren Ermittlungen, die von rassistischer Gewalt ausgehende Gefahr vollständig ignoriert. Im Untersuchungsausschuss im Bundestag wies die SPD-Abgeordnete Eva Högl die Behauptung des ehemaligen Leiters der Hamburger SOKO zurück, man habe auch nach rechts ermittelt: „Wir finden in den Akten nicht an einer einzigen Stelle, dass es um Rechtsextremismus, fremdenfeindlichen Hintergrund“ gegangen sei.

Wir finden uns mit der Verweigerung der Aufarbeitung dieses Totalversagens nicht ab. Deshalb und zur Aufklärung der Rolle Hamburger Neonazis bei der Ermordung von Süleyman Taşköprü fordern wir einen Untersuchungsausschuss auch in Hamburg! Denn ohne Aufklärung und Aufarbeitung wird sich wenig ändern.

Konsequenzen ziehen!

Nicht nur der Staat, auch die Mehrheitsgesellschaft und auch wir, die kritische Öffentlichkeit haben in den Jahren des NSU-Terrors versagt. Wir haben die Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund der Mord- und Anschlagsserie ignoriert und die Opfer und Bedrohten alleingelassen. Das darf nie wieder geschehen!

Denn der rechte, rassistische und antisemitische Terror geht auch nach der Selbstenttarnung der NSU-Kernzelle weiter. Aus rassistischem, antifeministischem, antisemitischem und völkischem Hass haben Rechtsterroristen 2016 in München, 2019 in Kassel und Halle und 2020 in Hanau 21 Menschen getötet. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sich Menschen in kürzester Zeit mit Verschwörungserzählungen radikalisiert. Mit den Neonazis des NSU-Netzwerkes sehnen sie den Systemumsturz, den „Tag X“ herbei. Rassistische und antisemitische Morddrohungen und Morddrohungen gegen antifaschistisch/politisch Engagierte sind an der Tagesordnung.

Die Enttarnung weiterer rechter Netzwerke auch in deutschen Sicherheitsbehörden meist durch antifaschistische und journalistische Recherche – zeigt, dass die von rechtem Terror ausgehende Bedrohung nicht unterschätzt werden darf.

Deshalb rufen wir auf zu einer Demonstration am 6.11.

Wir gedenken der Opfer des NSU und aller Opfer von Rassismus, Antisemitismus und völkischem Wahn.

Wir fordern die vollständige Aufklärung des NSU-Terrors, die Aufarbeitung des Totalversagens der Sicherheitsbehörden, die Auseinandersetzung mit und Bekämpfung von institutionellem

Rassismus in den Sicherheitsbehörden, einen NSU-Untersuchungsausschuss auch in Hamburg und die Auflösung des Verfassungsschutzes.

Wir fordern die konsequente Verfolgung und Zerschlagung rechter, rassistischer Netzwerke, auch innerhalb der Sicherheitsbehörden.

Gemeinsam und solidarisch gegen Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischen und jede andere Ausprägung von Rassismus sowie rechte Gewalt!

Hamburger Bündnis gegen Rechts

Do. 4. Nov. 19.00 Uhr – Ohne Esther – der Auftrag an uns

19. Oktober 2021

Veranstaltung des Auschwitz-Komitees zur Pogromnacht 1938

Ort: Mozartsäle im Logenhaus, Moorweide 36, Hamburg

Mit Prof. Dr. Detlef Garbe, Peggy Parnass, Sylvia Wempner, Rolf Becker und zugeschaltet Éva Pusztai-Fahidi

Anschl. Konzert „Bejarano & Microphone Mafia mit „La Vita Continua“

Corona-Regeln: 2G

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