Aufruf zum 8. Mai 2025

5. Mai 2025

Mai 1945 – Tag der Befreiung, Chance für Frieden und Demokratie in Europa

Am 8. Mai wurde ganz Europa von der Geißel des Faschismus befreit. In Deutschland erlebten in erster Linie die überlebenden Verfolgten und Widerstandskämpfer:innen diesen Tag als Befreiung. Aber auch wir alle, die wir heute leben, verdanken die Möglichkeit eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den Siegern des 8. Mai. Die alliierten Streitkräfte, unter denen die Rote Armee mit Abstand die größte Last des Krieges in Europa zu tragen hatte, sind und bleiben auch unsere Befreier. Mit besonderer Dankbarkeit erinnern wir an den Beitrag, den der deutsche antifaschistische Widerstand in Deutschland, in der Emigration, als Teil von Partisanenverbänden und in den Streitkräften der Anti-Hitler-Koalition geleistet hat.

Mehr als 55 Millionen Menschen fielen Nazi-Terror, Vernichtungskrieg und Völkermord zum Opfer. Sie bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit unvorstellbarem Leid und ihrem Leben. Dazu gehören auch in Hamburg die politischen Gegner:innen der Nazis ebenso wie die gesamte jüdische Bevölkerung, die Sinti und Roma, Menschen mit Einschränkungen ebenso wie Menschen, deren Lebenssituation und Lebenswandel nicht der NS-Ideologie entsprach, und Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Dazu kamen allein in Hamburg bis zu 500.000 Zwangsarbeiter:innen. Die deutsche Wirtschaft, allen voran Chemie- und Rüstungsindustrie und Banken waren die Gewinner von „Arisierung“, Krieg und der Ausbeutung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeit. Diese Gewinne bildeten die Grundlage des „Wirtschaftswunders“ in der Bundesrepublik, während die Opfer um jede Mark Entschädigung kämpfen mussten und bis heute kämpfen müssen.

In nahezu allen ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern wurden der 8. und/oder 9. Mai gesetzliche Feiertage, das war auch in der DDR der Fall. Genau 40 Jahre kämpften die Verfolgten darum, bis ein Präsident der Bundesrepublik an einem 8. Mai von Befreiung gesprochen hat. Bis dahin hatte die Sicht der Nazis, der Deutsch-Nationalen, der „Frontkämpfer“, der Profiteure und Mitläufer das offizielle Vokabular geprägt: Zusammenbruch, Kapitulation, Besatzer. Mit Weizsäckers Rede wurde die Perspektive der Verfolgten des Nazi-Regimes „gesellschaftsfähig“.

Damit das so bleibt, fordern wir, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg endlich auch in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag wird.

Überall in Europa feiern extrem rechte Parteien Erfolge. In Deutschland verfügt die extreme Rechte mit der AfD erstmals seit 1945 flächendeckend über einen „parlamentarischer Arm“. Sie bildet heute das Zentrum der (neo-)faschistischen Szene und hat mit den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg erstmals machtpolitische Bedeutung erreicht. Zu ihren Zielen gehört die Auslöschung der Erinnerung an die Menschheitsverbrechen der Nazis ebenso wie die Verklärung der faschistischen „Volksgemeinschaft“, die Leib und Leben Aller bedroht, die als nicht dazu gehörig definiert werden.

Zugleich ist die AfD seit ihrer Gründung ein wesentlicher Motor der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung im Land: Rassismus, Chauvinismus, Antisemitismus und Antiziganismus, Islamfeindlichkeit – alle möglichen Ideologien sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Ausgrenzung haben Konjunktur. Wir wissen, infolge jahrzehntelanger neoliberaler Politik hat die soziale Spaltung der Gesellschaft ein Ausmaß erreicht, in dem die Angst vor dem Abstieg Anpassungsdruck und Ausgrenzungsbereitschaft erhöht. Wir erleben, dass Grundrechte immer weiter eingeschränkt werden. Wir sehen mit Sorge, wie unbarmherzig Politik und Gesellschaft die Abschottung Europas unter vollständiger Abkehr von Menschenrechten und internationalem Recht und in Kooperationen mit rechten Regierungen rund um Europa herum vorantreibt und Menschen auf der Flucht kriminalisiert und entrechtet werden.

Der russische Angriff auf die Ukraine ermöglichte in Deutschland eine „Zeitenwende“, die mit gigantischer Aufrüstung und einer rasanten Militarisierung der Gesellschaft verbunden ist. Ein 100 Milliarden-Vermögen für die Bundeswehr steht nun im Grundgesetz, das jahrelang umstrittene „Zwei-Prozent-Ziel“ der NATO wurde im Parlament durchgewinkt. Rheinmetall darf sich auf MegaGewinne freuen während bei Bildung, Gesundheit und Sozialstaat gespart wird. Der Verteidigungsminister weist der „Kriegstüchtigkeit“ oberste Priorität zu, und dieses Ziel wird nun auf allen Politikfeldern verfolgt: Bundeswehr in den Schulen, Rekrutierung Minderjähriger, Wehrerfassung männlicher Jugendlicher als Vorbereitung zur Wehrpflicht, gigantische Werbefeldzüge fürs Töten und Sterben. „Heimatschutz“-Einheiten aus Teilzeit-Krieger:innen üben an Wochenenden, öffentliche Vorführungen von zivil-militärischer Zusammenarbeit werden publizistisch begleitet und die Marine patrouilliert im Südchinesischen Meer. Das erfüllt uns mit tiefer Sorge und verlangt unseren entschiedenen Widerspruch.

Der terroristische Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 hat den anhaltenden Konflikt im Nahen Osten neu entfacht. Die rechte Regierung Israels verantwortet mit Flächenbombardierungen, Angriffen auf die lebensnotwendige Infrastruktur und der Verweigerung humanitärer Hilfen das Sterben tausender Menschen in Gaza. Mit den Bombardierungen Beiruts und der Bodenoffensive im Libanon drohen sich diese Zustände auszuweiten.

Parallel zu diesem Krieg hat der Antisemitismus in Deutschland eine neue Qualität erlangt: Jüdische Menschen, Geschäfte und Einrichtungen werden zu Zielen von Angriffen, Veranstaltungen werden gestört, Beteiligte bedroht. Wir stehen an der Seite der Betroffenen. Jüdische Menschen für Kriegsverbrechen der israelischen Regierung verantwortlich zu machen, ist antisemitisch. Ebenso weisen wir den zunehmenden antimuslimischen Rassismus zurück. Antisemitismus ist kein importiertes Phänomen.

Gerade wegen dieser schrecklichen Entwicklungen wollen wir den Tag zum Feiertag machen, den die Überlebenden als „Morgenröte der Menschheit“ erlebt haben, wie es der als Jude und Kommunist verfolgte Résistance-Kämpfer Peter Gingold ausgedrückt hat.

Wir wollen am 8. Mai vor allem an die Hoffnung der Befreiten auf eine Welt ohne Kriege, Elend und Unterdrückung erinnern und diese als Impuls nehmen, weiter an der Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit zu arbeiten, so wie es die befreiten Häftlinge von Buchenwald geschworen haben.

Bisherige Unterzeichnende

  • AStA Uni Hamburg
  • Auschwitz Komitee
  • Barmbeker Initiative gegen Rechts
  • DIDF-Jugend
  • Die Falken
  • Die Linke Hamburg
  • DKP Hamburg
  • FC St.Pauli Marathon
  • Geschichtswerkstatt St. Georg e.V
  • GEW Hamburg
  • Hamburger Uckermark Gruppe
  • HBgR
  • Helmuth Sturmhoebel Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe Groß-Hamburg e.V.
  • Ini Marienthal bleibt Bunt
  • Kinder des Widerstands
  • Kirchliche Gedenkstättenarbeit Neuengamme
  • Lagergemeinschaft Ravensbrück / Freundeskreis e.V.
  • Landesverein der Sinti Hamburg
  • Migrantinnen Bund Hamburg
  • NaturFreunde Hamburg e.V.
  • Sauerkrautfabrik
  • Stiftung Auschwitz-Komitee
  • Ver.di AntiRa AK
  • VVN-BdA Hamburg

Demonstration

08.05.2025 um 16:30 Uhr
Gedenkort Stadthaus,
Stadthausbrücke 6, 20355 Hamburg

Start der Demonstration: 17:00 Uhr

Befreiungsfest

08.05.2025 ab 17:30 auf dem Rathausmarkt

Musik, Vorträge, Stände, Kinderprogramm