Ostermarsch

1. April 2013

Foto L.Meimberg

Foto: L.Meimberg

Im Folgenden dokumentieren wir den Beitrag von Georg Chodinski für die  VVN-BdA auf dem Hamburger Ostermarsch:

Vielen Dank für die Einladung zu einem Redebeitrag hier auf dem Ostermarsch 2013

Seit unserer Gründung gehört es zu unserem Selbstverständnis der VVN, Teil Friedensbewegung zu sein.

Was wir heute erleben ist: Deutschlands Bundeswehr beteiligt sich immer mehr an Kriegen und die zunehmende Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens: Militarisierung der Außenpolitik, der Justiz, Militarisierung im Inneren,  der Wirtschaft, der Bildungseinrichtungen und auch in den Spielzimmern unserer Kinder zieht die Bundeswehr ein. Überall nimmt das Militär Einfluss, wird unsere Gesellschaft aufgerüstet.

Die populistischen Klammern dazu lautet „Interessen Deutschlands in Welt“.

Die Kernstrategie dazu lautet, alle gegeneinander ausgespielt: Die Beschäftigten gegen Hartz-IV-Empfänger, den Norden gegen den globalen Süden, Ost- gegen Westdeutschland, Junge gegen Alte, Menschen mit Migrationshintergrund gegen sogenannte Einheimische oder ChristInnen gegen MuslimInnen  und und und… Die Liste lässt sich noch sehr verlängern.

 

All das folgt der Formel eines Nützlichkeitsrassismus: Wer sich nicht einfügt oder nicht gebraucht wird für die Interessen Deutschlands und auch nicht für sich selbst sorgen kann, der hat hier nichts verloren und braucht auch nicht auf nachhaltige Hilfe zu hoffen.

 

Griechenland ist nur ein Beispiel von vielen dafür. Nur wenn die Schieflage einer Wirtschaft droht Banken Deutschlands zu gefährden, wird das Bankensystem gestützt. Nicht die Menschen, deren Existenz verloren geht, sind das Maß für Hilfe. Den Menschen Griechenlands wird nur zugerufen: „Da müsst ihr nun mal durch.“

 

Noch ein Beispiel.  Bulgarien und Rumänien – Innenminister Friedrich wörtlich in einem Spiegel-Interview: Das Recht auf Freizügigkeit bedeutet, dass jeder EU-Bürger sich in jedem Mitgliedsland aufhalten kann, wenn er dort arbeitet oder studiert. Jeder EU-Bürger, der diese Voraussetzungen erfüllt, ist bei uns willkommen. Wer aber nur kommt, um Sozialleistungen zu kassieren, und das Freizügigkeitsrecht missbraucht, der muss wirksam davon abgehalten werden.

 

Die gleiche Argumentation kennen Hartz-IV-Empfänger seit langem.

 

Der Zweck: Druck ausüben und Verunsicherung herbeiführen.

 

Die Kurzfassung davon lautet: Das Recht auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit steht nur dem zu, der es sich das leisten kann.

 

Und die Wirkung wird erzielt: Ausgrenzung in Form von Ausländerfeindlichkeit und Rassismus ist Teil Gesellschaft. Das  zeigt uns die regelmäßig die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sehr deutliche:

Als Ergebnis der Befragung von 2012 stellten die Autoren der Studie fest, dass 25 % der bundesweit Befragten ausländerfeindlich sind.

Noch erschreckender die Ergebnisse zur Islamfeindlichkeit

Die Aussage „Die islamische Welt ist rückständig und verweigert sich den neuen Realitäten“ 57,6 % überwiegend oder voll und ganz zugestimmt

Bei der Aussage „Der Islam ist eine archaische Religion, unfähig sich an die Gegenwart anzupassen“ lag die Zustimmung bei  56,3 %

All diese Ausgrenzung und Abwertung folgt dem Zweck, die Menschen zu entsolidarisieren und den Mächtigen im Land in die Hände zu spielen. Und bei allem ist das Militär dabei.

 

  • ·         In der Außenpolitik ist der Einsatz der Bundeswehr zur Standardoption geworden Dazu die Verteidigungspolitische Richtlinien 2011 unter der Kapitelüberschrift „Das strategische Sicherheitsumfeld“: Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten werden weltweit neu geordnet. … Deshalb werden Transport und Energiesicherheit und damit verbundene Fragen künftig auch für unsere Sicherheit eine wachsende Rolle spielen.

 

  • ·         Auch die Justiz wird weiter aufgerüstet. Neuester Schritt, das Gesetz für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der Bundeswehr. Zukünftig wird es einen speziellen Gerichtsstandort für Straftaten von Soldatinnen und Soldaten in Kempten / Allgäu gebe. Für Ludwig Baumann, dem letzten noch lebenden verurteilten Deserteur der Nazi-Wehrmacht ist das ein erster Schritt in Richtung einer neuen Militärjustiz. Ludwig Baumann hat erlebt was Militärjustiz bedeutet: Willkür nach dem Motto: Recht ist, was der Truppe nützt.

 

Militarisierung heißt auch,

  • ·         das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erlaubt den bewaffneten Einsatz der Bundeswehr gegen Terroristen im Inneren
  • ·         Die Wirtschaft  jubelt: Platz drei in der Welt der Rüstungsexporteure
  • ·         In den Schulen gehören die Jugendoffiziere der Bundeswehr zum Alltag
  • ·         Und auch in den Jobcentern ist die Bundeswehr allgewärtig. Wir haben uns seit langem an Arbeitslosenzahlen von 3 Millionen gewöhnt. Was früher eine bedrohliche Situation war ist heute im öffentlichen Sprachgebrauch ein relativ geringer Stand an Arbeitslosigkeit. Wer dann keinen Arbeitsplatz hat oder als junger Mensch befürchtet keinen zu bekommen, dem kann geholfen werden: Durch die Bundeswehr, sie geht in den Jobcentern und Berufsinformationszentren ein und aus und führt regelmäßig Anwerbeveranstaltungen durch.
  • ·         Und auch in den Zimmern unserer Kinder und Jugendlichen rüstet die Bundeswehr via Internet auf.

 

Der Werbetitel der Bundeswehr dazu lautet: Wir.dienen.Deutschland,  Weil ich meinem Land etwas zurückgeben möchte. Seht Euch bei Eurem nächsten Kneipenbesuch mal um. Da findet Ihr oft die Werbekarten mit den markigen Sprüchen ausgelegt

 

Vor diesem Hintergrund freuen mich Erfolge, wie die des Bündnisses für ein Hamburger Deserteursdenkmal. Dessen Initiative hat ein Projekt der Hamburger Bürgerschaft angestoßen, auch in Hamburg einen Gedenkort für die Opfer der Wehrmachtsjustiz zu schaffen.

 

Und mehr noch: Die Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils Horn haben der alltäglichen Ausgrenzung mehr als ein Zeichen entgegengesetzt. Sie haben einer muslimische Gemeinde, die in ihrem Stadtteil eine Moschee einrichten will, herzlich willkommen geheißen, auch gegen die fremdenfeindliche Hetze einiger des rechten „Pro-Deutschland“.

 

Das sind Beispiele die Mut machen. Davon gibt es mehr und wir brauchen noch mehr.

 

Zurück zur Bundeswehr. Die VVN-BdA fordert: die Beendigung aller Auslandseinsätze

Wir fordern: Bundeswehr raus aus Schulen und gesellschaftlichen Einrichtungen. Kein Werben für‘ s Morden und Sterben!

Um es hier kurz zu machen. Es gibt es nur eine sinnvolle Bundeswehrreform: Abrüstung.

Deshalb auch von hier noch einmal unser Appell an die Gewerkschaften: Keine Unterstützung von Rüstung und Krieg! vom 7. March 2013

Die bei einem Treffen mit dem DGB-Bundesvorstand am 5. Februar 2013  abgegebene  Erklärung von Minister de Maizière, die Bundeswehr sei Teil der Friedensbewegung, ist blanker Zynismus. Wir sehen das Streben des DGB nach einer engeren Zusammenarbeit mit der Bundeswehr als einen großen Rückschritt an, der in krassem Widerspruch zu dem starken Engagement der Gewerkschaften für Frieden, Abrüstung und Demokratie steht. Das Bemühen der Gewerkschaften um Erhaltung und Ausbau von Arbeitsplätzen darf nicht zur Rechtfertigung der Rüstungsindustrie und der Kriegspolitik führen. Gerade das aktuelle Streben der Regierung nach Kampfdrohnen und noch mehr Rüstungsexport muss den DGB nachdenklich mache. In Kauf zu nehmen, dass auch in Zukunft Waffen an menschenrechtsverletzende Regime wie u.a. Saudi-Arabien exportiert werden, stellt das Thema Arbeitsplätze über jegliche moralische Verantwortung! Vielmehr muss die Forderung nach Abrüstung und Konversion der Rüstungsproduktion wieder belebt werden.

Die wirklichen Konfliktlinien verlaufen zwischen denen, die für ihre Arbeitsleistung gerade einmal einen mäßigen Lohn bekommen, und denen, die sich an der Arbeit ihrer Mitmenschen hemmungslos bereichern.

Mehr als 60 Jahre nach der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes durch Überlebende des faschistischen Terrors ist die VVN-BdA, ein lebendiger, generationsübergreifender antifaschistischer Verband.

Auch wenn bald keine Angehörigen unserer Gründergeneration mehr in unseren Reihen stehen werden, bleibt unser Wirken dem Schwur von Buchenwald verpflichtet: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.”