Nachruf auf Ludwig Baumann

7. Juli 2018

Unermüdliches Engagement für die Anerkennung der Deserteure

Gestern starb Ludwig Baumann, Deserteur des II. Weltkrieges, im 97. Lebensjahr. Seit Jahrzehnten setzte er sich gemeinsam mit anderen Deserteuren seiner Zeit für die volle Rehabilitierung der von der NS-Justiz als Wehrkraftzersetzer und Verräter gebrandmarkten Menschen ein, die sich damals gegen das Unrechtsregime wandten. Er war Motor einer Bewegung, die an den verschiedensten Orten Deutschlands und Österreichs mit Deserteursdenkmälern eine wichtige Debatte über die Rolle der Wehrmacht im Nationalsozialismus, die Bedeutung der Desertion und Kriegsdienstverweigerung anstieß. Mit ihm verlieren wir einen wichtigen Mitstreiter für Frieden und Gerechtigkeit.

Ludwig Baumann war selbst gemeinsam mit seinem Kameraden Kurt Oldenburg 1942 aus der Wehrmacht desertiert. Sie wollten sich nicht länger an Kriegsverbrechen beteiligen. Die Bilder der Wochenschauen im Soldatenkino ließen die beiden fragen, was denn mit den Millionen russischen Kriegsgefangenen ist, die im eisigen Winter auf freiem Feld ausharren müssen. Es folgte die Gefangennahme, Verurteilung zum Tode, monatelange Haft in einer Todeszelle und schließlich KZ-Haft und „Bewährung“ im Strafbataillon. Kurt Oldenburg überlebte nicht.
Ludwig Baumann musste nach dem Krieg erleben, dass seine Desertion und sein Einsatz gegen Kriegsverbrechen nicht honoriert wurde. Ganz im Gegenteil: Deserteure wurden als Vaterlandsverräter gebrandmarkt. Er versuchte, die Schmach im Alkohol zu ertränken. Erst als seine Frau starb, die ihm sechs Kinder hinterließ, begriff er, dass er sein Leben wieder in den Griff bekommen musste.
In den 80er Jahren war er dann einer der ersten, die öffentlich als Deserteur des II. Weltkrieges auftraten, unterstützt von einer Gruppe, die in Bremen-Vegesack ein erstes Deserteursdenkmal aufstellte. Dies war ein Fanal. Hier stand jemand auf, bekannte sich öffentlich zu seiner Entscheidung und forderte zugleich Gerechtigkeit ein. Es war der Anstoß zu einer Bewegung zur Anerkennung und Rehabilitation der Deserteure. Sein Auftreten stieß eine weitreichende Forschung an, mit der die Bedeutung und Motivation der Deserteure und Kriegsdienstverweigerer im Nationalsozialismus umgeschrieben werden konnte. Durch die neuere Forschung wurde erst öffentlich bekannt und anerkannt, dass 30.000 Todesurteile durch die NS-Militärjustiz gefällt wurden. Insgesamt desertierten etwa 350.000 bis 400.000 Soldaten.

In den nachfolgenden Jahrzehnten setzte sich Ludwig Baumann unermüdlich zusammen mit anderen Deserteuren des II. Weltkrieges für die Rehabilitation der Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer ein. Er gründete mit ihnen die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz (http://www.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de). 1998 wurde das NS-Unrechtsaufhebungsgesetz beschlossen, das Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer rehabilitierte, das erste Ergänzungsgesetz 2002 rehabilitierte pauschal homosexuelle NS-Opfer und die Deserteure der Wehrmacht, das zweite NS-Unrechtsaufhebungsgesetz 2009 schließlich auch die wegen Kriegsverrats verurteilten Opfer der NS-Militärjustiz.
Es war ein großes Glück, dass Ludwig Baumann sich so vehement auch noch im hohen Alter dafür engagieren konnte. Er führte immer wieder Veranstaltungen durch und sprach mit Abgeordneten im Bundestag. Wir erlebten ihn bei gemeinsamen Veranstaltungen als ein Mitstreiter, der sich ebenso für aktuelle Fälle von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren einsetzte, wie z.B. den Deserteuren der Kriege im ehemaligen Jugoslawien, US-Verweigerer und Deserteuren aus den Kriegen im Irak und Afghanistan.

Wir trauern um Ludwig Baumann. Ludwig Baumann wird uns sehr fehlen, als Unterstützer und Begleiter unserer Arbeit, als Freund, bei unserer Arbeit gegen Krieg, bei unserer Arbeit für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer weltweit.

Sonntag, 23. September, 17.00 Uhr Nebel im August

5. Juli 2018

Film von Kai Wessel, D 2016

Die authentische Geschichte des 13-jähringen Ernst Lossa, der 1942 Opfer der Rassenideologie der Nationalsozialisten wird. Hitlers Denkweise lies es nicht zu, dass ein Bett für einen verletzten Soldaten von einem körperlich oder geistig beeinträchtigten Menschen belegt ist. Durch das nationalistische Euthanasieprogramm in Nervenheilanstalten wurden so zwischen 1939 und 1944 mehr als 200.000 Menschen ermordet.

Einer von ihnen ist Ernst Lossa, Halbwaise und Kind fahrender Händler, der als „Zigeuner“ gilt. Die Heimen in denen er bisher lebte, stufen ihn wegen seine aufgeweckte und rebellische Art als „nichterziehbar“ ein.

Aufgrund dessen wird er in die Nervenheilanstalt von Dr. Walter Veithausen abgeschoben. Ernst Lossa wird bald klar, dass an diesem Ort Patienten getötet werden. Er beschließt sich gegen diese abscheulichen Handlungen zur Wehr zu setzen und setzt sich mutig für seine Mitinsassen ein. Mit Nandl, seiner ersten Liebe, plant Ernst Lossa schließlich die Flucht. Doch er ist in großer Gefahr, denn Dr. Veithausen und sein Personal entscheiden über Leben und Tod. (www.bayern.by/)

Ort: Kommunales Kino Metropolis, Kleine Theaterstr. 10

 

 

Konsum statt Gedenken? Niemals!

5. Juli 2018

Senator a.D. Prof. Dr. Joist Grolle stellte 2008 als damaliger Vorsitzender des Vereins für Hamburgische Geschichte fest: „Der Umgang mit dem Stadthaus stellt die Erinnerungskultur unserer Stadt auf eine Bewährungsprobe. Es ist zu hoffen, dass Hamburg diese Probe besteht“. (Hamburger Abendblatt, 12.02.2008).

Zehn Jahre später stellen wir fest: ca. 70 qm mögliche Erinnerungsfläche, dazu Café und Buchhandlung – so sieht eine angemessene und würdige Erinnerung des Investors an diesen zentralen Ort der Unterdrückung und des Terrors in Hamburg aus, offenbar gebilligt und unterstützt durch die zuständige Fachbehörde. So kann und darf Hamburg nicht mit seiner Geschichte und der Erinnerung an die zahllosen Opfer dieses Ortes umgehen!

 

jeden Freitag von 17.00 bis 18.00 Uhr  

Mahnwache für einen angemessenen Gedenkort Stadthaus

Ort: vor dem Stadthaus (Stadthausbrücke / Ecke Neuer Wall)

Sonntag, 17. Juni 2018 um 14 Uhr im Polittbüro, Steindamm 45 in Hamburg (nahe Hbf) Wo der Himmel aufgeht. Bejarano und Microphone Mafia in Kuba – Filmpremiere

5. Juli 2018

Ein Film von Tobias Kriele (BRD 2018, 45 Minuten, dt.-span. Original mit Untertiteln)
Sonntag, 17. Juni 2018 um 14 Uhr im Polittbüro, Steindamm 45 in Hamburg (nahe Hbf)
Nach der Filmvorführung besteht die Möglichkeit zum Gespräch mit dem Filmemacher und den Protagonisten.

Distomo – Unbeglichene Schuld(en)

17. Mai 2018

31. Mai 2018, 20:00 h, Polittbüro, Steindamm 45, 20099 Hamburg

Eintritt: 10.-

Dokumentarisches Theaterstück zu dem Massaker der SS in Distomo und den noch ausstehenden Reparations- und Entschädigungszahlungen an Griechenland.

Am 10. Juni 1944 überfällt eine deutsche SS-Einheit das griechische Dorf Distomo und ermordet 218 Dorfbewohner*innen. Die Täter werden strafrechtlich nie verfolgt, die umgerechnet 28 Millionen Euro an eingeklagten Entschädigungsansprüchen nie gezahlt.

Das Stück spannt den Bogen vom historischen Ereignis des Überfalls durch die SS, über die hartnäckigen Zahlungsverweigerungen seitens Deutschlands bis zu den juristischen Kämpfen der Überlebenden.

Verwendet werden Dokumente, die Zeugnis über die SS- und Wehrmachtsverbrechen in Griechenland ablegen, Auskunft über deutsche Politik in Entschädigungsfragen geben und den Verlauf der langwierigen Prozesse der Entschädigungskläger*innen nachvollziehbar machen. Thematisiert wird außerdem der Umgang Deutschlands mit den Tätern, die ohne Furcht vor Strafverfolgung leben konnten und sich bis in die 1980er Jahre ungehindert öffentlich versammeln durften.

Das Theaterstück richtet sich gegen diese Abwehrstrategien, erinnert an die Opfer deutscher NS-Massaker und solidarisiert sich mit den finanziellen und politischen Forderungen der Überlebenden.

Der Schwerpunkt des Theaterprojekts ist nicht die Erzählung dessen, was am 10. Juni 1944 passierte. Es begnügt sich nicht damit Kenntnisse über vergangene Ereignisse zu vermitteln, sondern fordert uns dazu auf, uns nicht mit bestehendem Unrecht abzufinden. Schwerpunkt des Stückes ist es, mit den Mitteln des Theaters den Kampf der Überlebenden und den Angehörigen der Ermordeten um Anerkennung des ihnen erfahrenen Verbrechens und die Entschädigung für das erlittene Unrecht darzustellen.

Konzept / Dramaturgie & Produktion:

Sabine Kuhn, Sebastian Wöss

Recherche/Regie/Darsteller*innen/Produktion:

Jolika Poulopoulou, Stella Gkrigkovits, Sabine Kuhn, Eleftheria Papadaki, Mascha Brammer, Franziska Drabner, Ioanna

Gerou, Leo/ni Weyreter, Sebastian Wöss Athen Produktion, Organisation & Interviews:

Katerina Adamara Video Art/Dokumentation Kamera & Montage:

Dimitra Mitsaki Dank an:

Museum der Opfer des Nationalsozialismus Distomo, Christos Papanikolaou, Eleni Sfountouri, Tasoula Vervenioti

Theaterprojekt Distomo https://theaterprojektdistomo.wordpress.com/

Veranstalter: AK Distomo, Stiftung Auschwitz-Komitee und VVN-BdA Hamburg e.V.

Nach dem Theaterstück werden Mitglieder des AK Distomo über den aktuellen Stand informieren und für eine Diskussion zur Verfügung stehen.

http://ak-distomo.nadir.org

V.i.S.d.P.: M. Klingner, Budapester Str.49, 20359 Hamburg

Donnerstag, 24. Mai 2018, 19 Uhr

17. Mai 2018

Die VVN-BdA informiert: Monat des Gedenkens Eimsbüttel

„Never teach history without telling a story“.  Ein Abend mit Esther Bejarano und Peggy Parnass in Kooperation mit dem Arbeitskreis Erinnerung der Ida Ehre Schule und dem Verein Mechadasch im Rahmen des 5. Monats des Gedenkens in Hamburg-Eimsbüttel
Ort: Dr. Alberto-Jonas-Haus, Karolinenstr. 35, 20357 Hamburg

Montag, 28. Mai, 18.30 Uhr – „Widerständiges Frauenleben: Hedwig Voegt 1903 – 1988“

17. Mai 2018

„Widerständiges Frauenleben: Hedwig Voegt 1903 – 1988“

Lesung mit Ursula Suhling

Wir wollen eine Frau vorstellen, deren Lebensweg von der Hamburger Deern, als Gefangene im Kola Fu bis hin zur späteren Literaturwissenschafterin geprägt ist.

Ort: Geschichtswerkstatt Eimsbüttel – Galerie Morgenland e. V.

Sillemstraße 79, Hamburg

Donnerstag, 31. Mai, 20.00 Uhr „Distomo – Unbeglichene Schuld(en)“

17. Mai 2018

„Distomo – Unbeglichene Schuld(en)“ – Dokumentarisches Theaterstück

Am 10. Juni 1944 überfällt eine deutsche SS-Einheit das griechische Dorf Distomo und ermordet 218 Dorfbewohner*innen. Die Täter werden strafrechtlich nie verfolgt, die umgerechnet 28 Millionen Euro an eingeklagten Entschädigungsansprüchen nie gezahlt. Das Stück spannt den Bogen von dem historischen Ereignis des Überfalls durch die SS, über die hartnäckigen Zahlungsverweigerungen seitens Deutschlands bis zu den juristischen Kämpfen der Überlebenden.

Veranstalter: AK Distomo und VVN-BdA Hamburg

Ort: Polittbüro, Steindamm 45, 20099 Hamburg

Dienstag, 5. Juni 2018, 17.00 Uhr Wer waren die 999er?

17. Mai 2018

Wer waren die 999er? Strafsoldaten in Wehrmachtsuniform – deportiert vom Hannoverschen Bahnhof – Lesung mit Ursula Suhling

Veranstalter: GEW Hamburg und VVN-BdA Hamburg

Ort: GEW im Curiohaus, Rothenbaumchaussee 15,

20148 Hamburg, Raum GBW

Sonntag, 17. Juni 2018, 14.00 Uhr Filmpremiere: „Wo der Himmel aufgeht“

17. Mai 2018

Esther Bejarano und Microphone Mafia in Kuba

Ein Film von Tobias Kriele

Eintritt frei

Dank der Musik hat Esther Bejarano Auschwitz überlebt. Mit 92 Jahren verwirklicht sich die Sängerin einen Traum und reist mit ihrem Sohn Joram und der Rap-Gruppe Microphone Mafia nach Kuba, um dort Konzerte zu geben.

Zugleich sucht Esther Bejarano eine Antwort auf die Frage, ob es auch auf der sozialistischen Insel Antisemitismus gibt. In der Begegnung mit der Jüdischen Gemeinde in Havanna wird sie fündig. Mit dem jungen Kubaner Jorgito Jerez verbindet die Sängerin eine tiefe Zuneigung. Mit ihm teilt sie ihre Erinnerungen an das Gestern und ihre Sorgen um das Morgen.

Veranstalter: Auschwitz Komitee und VVN-BdA Hamburg

Ort: Polittbüro Steindamm 45 in 20099 Hamburg (10 Min. Fußweg vom Hbf.)

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