Rede der VVN-BdA Vertreterin am Antikriegstag 2015

2. September 2015

„Die Ziele sind… Völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands und die Ausschaltung der gesamten deutschen Industrie, welche für eine Kriegsproduktion benutzt werden kann. Zu diesem Zweck werden alle Land-, See- und Luftstreitkräfte … aufgelöst.“

 

„In praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate Trusts und andere Monopolvereinigungen.“

 

„Jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda ist vorzubeugen.“

 

„In ganz Deutschland sind alle demokratischen politischen Parteien zu erlauben und zu fördern…“

 

Das sind Zitate aus dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945, unterschrieben von den Staatsoberhäuptern Großbritanniens, der USA und der Sowjetunion.

 

Wie sähe Deutschland heute aus, wenn diese Festlegungen verwirklicht worden wären?

Es gäbe keine Bundeswehr, d. h.

es gäbe keine deutschen Soldaten im Kosovo, in Afghanistan und Mali, im Mittelmeer, in der Türkei und in den Staaten rund um Russland (diese Aufstellung ist unvollständig);

es gäbe kein Werben fürs Sterben an Arbeitsagenturen, Schulen und Hochschulen.

 

Deutschland wäre nicht der viertgrößte Waffenlieferant der Welt,

d.h. in den Kriegen in Syrien, im Irak, in Libyen, im Jemen, in Somali kämen keine deutschen Waffen zum Einsatz (auch diese Aufzählung ist unvollständig).                                                                .

Aus der Erkenntnis, dass wirtschaftliche Macht zur Durchsetzung undemokratischer Ziele missbraucht werden kann, gäbe es keine Großkonzerne wie Deutsche Bank, Allianz, BASF, Siemens, Airbus, Krupp-Thyssen AG ( auch diese Aufzählung ist natürlich unvollständig).

 

Es gäbe kein KPD-Verbot, aber ein Verbot der NPD und anderer neofaschistischen und rechtspopulistischen Organisationen.

 

Es gäbe keinen Bundespräsidenten, der wie Gauck für ein Aufgeben der militärischen Zurückhaltung und für ein größeres militärisches Engagement Deutschlands plädiert und den Eindruck erweckt, am deutschen Wesen solle wieder einmal die Welt genesen.

 

Das 1949 verabschiedete Grundgesetz ermöglichte noch eine antifaschistische, entmilitarisierte, entmonopolisierte und wirklich demokratische Entwicklung Westdeutschlands.

Der Kalte Krieg, der schon mit dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima eingeleitet wurde, verhinderte eine solche Entwicklung

 

Unter dem Motto „Tag der deutschen Patrioten“ wollen am 12. September Neonazis, Hooligans und Rassisten durch Hamburg marschieren. Was für ein Irrwitz! Da nennen sich Leute „deutsche Patrioten“, die faschistische Ideologie wieder salonfähig machen wollen, genau die Ideologie, mit der in Deutschland der zweite Weltkrieg vorbereitet wurde. Wirkliche „deutsche Patrioten“, die zugleich auch immer Internationalisten waren, sind für mich Menschen wie Karl Liebknecht, der im ersten Weltkrieg erklärte, der Hauptfeind stehe im eigenen Land oder Carl von Ossietzky, der es seine patriotischste Aufgabe nannte, im eigenen Land Militarismus und Kriegsvorbereitung zu bekämpfen oder die Hamburger Widerstandskämpfer, die in einem Flugblatt 1942 erklärten „Hitlers Niederlage ist nicht unsere Niederlage, sondern unser Sieg“ oder Peter Gingold, deutscher Kommunist, deutscher Jude und Mitkämpfer der französischen Résistance, der sagte“ Der einzige legitimierte Patriotismus damals war, dem eigenen Land die Niederlage zu wünschen“.

Diese Niederlage wünschen wir auch heute den deutschen Großmachtambitionen, der Militarisierung, dem Erstarken faschistischer Ideologien.

Deshalb lasst uns am 12. September so wie heute gemeinsam gegen den Aufmarsch der alten und neuen Nazis in Hamburg demonstrieren.

 

1. September 2015

Ilse Jacob