An die Hoffnung der Befreiten erinnern

18. Mai 2023

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Unter diesem  Motto standen die diesjährigen Aktivitäten zum 8. Mai, dem 78. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus.

Mit dem Bündnis zum 8. Mai in Hamburg zogen wir am Samstag, den 6. Mai, mit einigen hundert Menschen vom Curiohaus zum Rathausmarkt. Vor dem Curiohaus ging es um die Prozesse, die den Täter:innen des KZ Neuengamme hier nach dem Krieg gemacht wurden. Tanja Chawla vom DGB Hamburg erinnerte an unsere Ehrenvorsitzende Esther Bejarano, die zeitlebens für einen Feiertag am 8. Mai gekämpft hatte. Am Stephansplatz sprach VVN-BdA-Landessprecher Georg Chodinski über die 30.000 zum Tode verurteilten Wehrmachtsdeserteure und den politischen Kampf um ihre Anerkennung nach dem Krieg. Der Jugendrat thematisierte am Jungfernstieg die widerständige Subkultur der Swingjugend und der kommunistischen Jugendverbände, die während des NS spontanen Protest gegen die Nazis organisierten. Auf dem Weg zum Stadthaus sangen wir das Lied der italienischen Partisanen. Tuten und Blasen begrüßte uns mit stimmungsvoller Musik am ehemaligen Stadthaus, der Hamburger Gewaltzentrale im NS, in der politische Gegner:innen gefoltert und ermordet wurden. Es war großartig, als Uli Henschel bei seinem Redebeitrag mit Peter Tschentscher telefonierte und von ihm einen angemessenen Gedenk- und Lernort einforderte.

Auf dem Rathausmarkt schließlich gedachten wir der ermordeten Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft mit einer Schweigeminute. Unsere Bundesvorsitzende Cornelia Kerth zitierte die Vision der jüdischen Kommunistin Elsa Werner von einem friedliebenden Land, frei von Antisemitismus, frei von Diskriminierung, das die Opfer der NS-Zeit mit Kleidung, Wohnung, Nahrung, Wärme umgibt und für Schäden aufkommt, die es in Europa angerichtet hatte. Obwohl Elsa Werners Vision eine Illusion gewesen war, glaubte sie auch Jahrzehnte nach dem Ende der Naziherrschaft noch immer an ein Stückchen Vernunft im Menschen und nahm uns alle in die Pflicht, diese Vernunft am Leben zu halten.

Am eigentlichen Jahrestag der Befreiung, dem 8. Mai, wurden wir auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz mit herrlicher Sonne beschenkt. Neben den zahlreichen Initiativen, die Infomaterial, Bücher und Prospekte an ihren Ständen anboten, Kuchen und Getränke gegen Spende verkauften und immer für ein offenes Gespräch da waren, ließen wir uns von einem kurzweiligen und bunten Bühnenprogramm begeistern. Neben tollen musikalischen Beiträgen von Lina und die roten Sterne oder der Gruppe Resistencia, die am Ende das Publikum zum Tanzen und Mitsingen motivierte, gab es bewegende und eindrückliche Redebeiträge des Jugendrats, der Nationalen Vereinigung der Partisanen Italiens (Grußbotschaft) und der Zeitzeugin Antje Kosemund, die sich nach der Ermordung ihrer Schwester durch die Nazis insbesondere für ein würdiges Erinnern an die Euthanasie-Opfer einsetzt und Jahrzehnte im Vorstand der VVN-BdA Hamburg aktiv war. Auch die musikalischen Darbietungen von Peter Schenzer und Angela Altmann im Wechsel mit den von Inés Fabig und Michael Weber kraftvoll vorgetragenen Texten verschiedener Zeitzeug:innen beeindruckte uns sehr. Dieser Tag wird uns so schnell nicht aus dem Gedächtnis gehen.

Spontan sprach auch Peggy Parnass zu uns und erinnerte sich an den 8. Mai 1945, den sie in London erlebte. „Mir war schwindelig vor Begeisterung! Doch als auch eine kleine Gruppe von Juden auf der Straße feierte, wurde sie verprügelt. Da wusste ich: es ist nicht vorbei. Es ist nicht damit getan, dass man die Deutschen platt macht. Mir wurde klar, es ist nicht nur Deutschland.“ Und an uns richtete sie die eindringliche Botschaft: „Wir müssen mit aller Kraft dagegen kämpfen. Wir sind dran!“

Diese Aufforderung nehmen wir uns zu Herzen und bekräftigen einmal mehr, was sich die Häftlinge von Buchenwald nach ihrer Selbstbefreiung schworen: „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“

Fotos (c): Gert Krützfeldt und VVN-BdA Hamburg