Eimsbütte Nord Rundgang zu Stätten von Widerstand und Verfolgung im 3. Reich

21. Februar 2016

Am 30.04 machen wir zum 3. mal unseren Eimsbüttel-Nord Rundgang zu Stätten von Widerstand und Verfolgung im 3. Reich.
Eines der Punkte ist in der Lutterothstrasse.
Vor dem Hause Nr. 62 wird kurz über Ursula(Ulla) und Ludwig (Ludn) Levien erzählt.
Schon als kleiner Junge wollte ich am Küchentisch immer wieder die spannenden Geschichten hören, wie auf sie (meine Großeltern, mein Onkel und denen sie geholfen haben) geschossen wurde. Oder von ihren Freundinnen aus der Sowjetunion denen sie Essen und Hilfe gab. Oder wie sie behandelt wurde als sie meinem Opa frische Kleidung ins KZ Fuhlsbüttel brachte. Damals (ich war ca.8 Jahre Alt) interessierte mich nicht so, das sie sich vor dem 2 Weltkrieg heimlich immer in ihrer Wohnung trafen oder auf Kanufahrten  um Radiosendungen und anderes auszuwerten und auszutauschen.
Nun, der kleine Junge wurde größer. Sprach auch, was er nicht wusste, mit bekannten und weniger bekannten Zeitzeugen und Widerstandskämpfern. Half die Sprachprobe von Ludn auf eine Tonbandkasette (Mittlerweile auf MP3) zubekommen. ( Ludn sprach  als kommunistischer Zeitzeuge am. 1. Mai 1982 bei der Ausstellungseröffnung zu „Vorwärts und nicht vergessen“ , Arbeiterkultur um 1930, Hamburg Kampnagel) Und schrieb mit Ulla 1992 deren Erinnerungen gemeinsam auf.
Ulla wurde 1916 geboren und wuchs in einem sozialdemokratischen Haushalt auf und ging in die SAJ und war  vorher bei den Kinder Freunden. Und machte nach der Volksschule eine kaufmännische Ausbildung.
Ludn, 1907 geboren, wuchs ebenfalls in einem sozialdemokratischen Haushalt auf. Nach der Volksschule, da kein Geld für eine weiterführende Schule da war(Obwohl beide Eltern arbeiteten. Schneiderin bzw. Klempner Geselle) lernte er nach der Volksschule Maler bei seinem Onkel. Geprägt durch berichte seines Vater vom 1 WK, unbewusste Teilnahme am Hamburger Aufstand von 1923 als Kurier, Gespräche u.a. mit Willi Bredel und Hugo Sieker( Die seinen Wissenshunger mit Bücher stillten) verlies er die AJ(später SAJ), ging in den KJVD und dann in die KPD. Er machte bei Wahlkämpfen für die KPD als aktiver Wassersportler mit.
1934 lernten sich beide kennen. Ulla schrieb“ Wir merkten gleich das wir beide gegen Hitler waren“. 10 Tage nach deren Hochzeit , 1935, wurde Ludn von der GESTAPO verhaftet. Bei dem Prozess
„Held und andere“ wurde er zu über 2 Jahren verurteilt. Er schrieb und sagte zu seinen Kindern und Enkeln: “ Lest Willi Bredels „Die Prüfung“ um zu erfahren was ich im KZ Fuhlsbüttel erlebt habe“ Auch Ulla schrieb und erzählte wie demütigen es war, wenn sie mit den andren Frauen vor dem Tor stand um frische Wäsche zu bringen. Wie sie und die andren Frauen beleidigt wurden von den Wärtern.
Doch,  das brach ihre Haltung gegen den Hitler Faschismus nicht.
1937 wurde Ludn entlassen und fuhr zur neuen Wohnung in der Lutterothstr.62 die Ulla schon 1935 bezog.
in dieser Wohnung nun, trafen sie sich mit andren in regelmäßigen Abständen ab 1937, um ausländische Radio-und Zeitungsmeldungen zu bewerten und ihre KZ Erlebnisse auszutauschen. Später berichten sie auch, was sie als Soldat erleiden mussten. Oft trafen sie sich  mit andren Gruppen, um auf Alster, Elbe und den Nebenflüssen mit Kanus zu fahren und am Abend am Lagerfeuer alles auszutauschen. Zu Aktionen kam es nicht.
1940 kam mein Onkel Uwe zur Welt. Ludn bekam den Tipp, wenn er sich nicht freiwillig zur Wehrmacht meldet, muss er ins 999er Strafbataillon. Inwieweit er bewusst zur Wehrmacht gegangen ist um dort politisch zu arbeiten, ist nicht bekannt. Jedenfalls schrieb er auch dass seine „Vergangenheit“ bekannt war. Er kam ins besetze Frankreich. Sicher auf Grund seiner „Vergangenheit“ durfte er nicht mehr als Schweinehüten und Fotografieren.
Ulla wurde mit ihrem Sohn und Pflegebruder Hansi 1943 in die Lüneburger Heide evakuiert. was für mich als kleiner Junge sehr Abenteuerlich wirkte, war natürlich bitterer ernst und Ulla wäre  zum Tode verurteil worden, wenn ihr nicht geholfen worden  wäre. Hier kann nur Kurz darauf eingegangen werden. Der Bericht ist natürlich länger.
Sie half den Bauern auf den Feld und in der Küche um besseres Essen für ihre Kinder zu bekommen. Durch die Küchenarbeit lernte sie auch zwei junge Frauen aus der Sowjetunion kennen, die nach Deutschland verschleppt wurden um hier zu arbeiten. Sie wurden alle drei Freundinnen.Eine von den beiden wurde Schwanger. Sie half mit einer Bäuerin, das die junge Frau nicht ein  KZ kam, sondern wieder zurück auf den Hof.
Als sie eine fahrt ins Nachbardorf machen sollte, wurde sie von einem sowjetischen Kriegsgefangenen mitgenommen. Er wurde anzüglich. Ulla sang aus Angst alle politischen Lieder die sie von Ludn gelernt hatte. der gefangene fragte „Du Kommunist?“. Um es kurz zu machen: Diese Begegnung führte dazu, das Ulla viele Lebensmittel sammelte, unter anderen auch von der Bäuerin die  der jungen Frau geholfen hatte. Sie konnte die Lebensmittel den Kriegsgefangengen  geben.
Doch, sie wurden Verraten. Aber es kam nicht zur Verhaftung, da das Lager rechtzeitig gelehrt wurde.
Außerdem hat sie einem Deserteur Versteckt. Erich Tiedeböhl, den auch Ursula Suhling in einen  ihrer Bücher erwähnt..
Nach der Befreiung trafen Ulla und Ludn sich wieder in der Lüneburger Heide!
Sie zogen wieder in die Lutterothstr. in Hamburg Eimsbüttel. Waren aktiv in der VVN und bis zum Verbot 1956, in der KPD.
Ludn war Zeitzeuge, und sprach mit vielen Menschen über seine Erlebnisse. kämpfte gemeinsam gegen alte und neue Nazis mit den Jungen. Gegen Krieg und Faschismus. War in der Geschichtskommision Hamburg der VVN/BdA und aktiv in der Ernst-Thälmann Gedenkstätte. Er starb 1987 mit 79 Jahren.
Ulla schrieb ihre Geschichte 1992 auf. Sie konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr viel machen.
Sie starb 2010 nach langer schwerer Krankheit im Alter von 94 Jahren.
André Buschmann
Enkel von Ulla und Ludn Levien