Für jetzt und immer: Vier von uns!

3. August 2015

Rede der VVN-BdA Kreisvereinigung Altona am 1.8. 2015

zum Gedenken an den Altonaer Blutsonntag und die von der faschistischen Justiz gemordeten Bruno Tesch, August Lütgens, Karl Wolff und Walter Möller

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

wir feiern dieses Jahr das 70. Jahr der Befreiung von Faschismus und Krieg. Und wir gedenken hier 4 Menschen, die Teil der Widerstandsbewegung waren, Teil der weltweiten Bewegung, die es schließlich am 8. Mai 1945 schaffte, den Faschismus zu besiegen.

Deswegen sind Brundo Tesch, Karl Wolff, Walter Möller und August Lütgens für jetzt und immer: Vier von uns!

Gut wäre es, wir könnten ihrer einfach gedenken, von ihrem Leben erzählen, die Erinnerung an sie wach halten. Aber das ist nicht genug und die aktuelle politische Situation verbietet es, uns darauf zu beschränken.

Gedenken Altona 2015

Gedenken Altona 2015

Verzeiht mir, wenn ich aushole, aber die Entwicklungen in Griechenland, der Bundesrepublik, Kobane und der Ukraine haben einen inneren Zusammenhang und es ist notwendig, dass wir uns dem Gesamtbild stellen.

Wir sind Zeugen, wie in den letzten Wochen auf erpresserische Weise die Interessen des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission, die durch die Bundesrepublik Deutschland angeführt wird,  – in Griechenland durchgesetzt worden sind. Wohlwissend, dass die Durchsetzung der Memorandum-Programme in Griechenland Menschenleben kosten wird und bereits kostet. Die Säuglingssterblichkeit in Griechenland ist in den letzten Jahren um 43% gestiegen.

Die Konzerne Hochtief und Siemens verdienten Milliarden an den Olympischen Spielen in Athen. Thyssen-Krupp, Krauss Maffei und weitere verdienten Millionen durch Rüstungsexporte nach Griechenland.  Als das Geld für die deutschen Konzerne und Banken nicht mehr floss, wurden durch die deutsche Regierung Hilfspakete geschnürt, damit die Gelder an die Konzerne gezahlt werden konnten, um danach die Schulden zu verstaatlichen.

Sie gehen über Leichen und das müssen wir leider wörtlich nehmen. Die Verelendung von Millionen Menschen in Griechenland ist eine Drohung an uns alle, es ist die Fortsetzung der Verelendungspolitik, die der Internationale Währungsfonds seit Jahrzehnten in der so genannten Dritten Welt betreibt. Es zeigt, wozu die deutsche Regierung und die deutschen Konzerne bereit sind.

 

Wir müssen begreifen, dass der Angriff auf die Lebensgrundlagen der Menschen in Griechenland auch ein Angriff gegen uns ist.

 

Wir sind Zeugen, wie sich in der letzten Zeit erneut die faschistischen Anschläge und Angriffe auf die Wohnungen und auf das Leben der ärmsten und rechtlosesten Teile der Bevölkerung in der BRD mehren. Während in Hamburg immer noch Wohnungen leerstehen und noch viel mehr unnützer Büroraum, den man problemlos zu Wohnungen umfunktionieren könnte, werden Menschen, die Krieg und Verfolgung, die Unmenschliches hinter sich haben, hier in Zeltstädten untergebracht . Zugleich wird seiten des Senats der Eindruck vermittelt, als würden die Flüchtlinge die Wohnungsnot in Hamburg verschärfen. Es wird der Eindruck vermittelt, als ob große Summen öffentlicher Gelder nun für die Flüchtlinge ausgegeben werden müssten und deswegen für andere Sachen kein Geld mehr da sei.

Verantwortlich für die Wohnungsnot in Hamburg ist jedoch der Hamburger Senat, verantwortlich für die schlechten Lebensbedingungen großer Teile der Hamburger Bevölkerung ist der Bürgermeister. Olaf Scholz ist einer der Autoren der so genannten Harz IV Gesetze. Er hat so mit dafür gesorgt, dass die BRD zu einem Niedriglohnland geworden ist, er hat eine Politik mit umgesetzt, die zur Veramung großer Teile der Bevölkerung geführt hat. Als 1994 das Asylbewerberleistunsggesetz verabschiedet wurde, gab es dagegen kaum Widerstand in der BRD. 20 Jahre später wurden die Hartz IV Gesetze verabschiedet. Vieles in diesen Gesetzen war abgeschrieben aus dem Asyslbewerberleistungsgsesetz.

Zunächst gab es die Ein-Euro-Jobs nur für Flüchtlinge, 20 Jahre später gab es sie für alle Arbeitslosen.

 

Wir müssen begreifen, dass die Angriffe auf die Flüchtlinge  auch Angriffe auf uns sind.

 

Wir sind in der letzten Woche Zeugen gworden, wie 32 Menschen durch einen furchtbaren Anschlag in Suruc umgebracht wurden. 32 junge Leute, vorwiegend Kurdinnen und Kurden, die helfen wollten, in Rojava Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen. Eine Demokratie, die von echter Mitbestimmung geprägt ist, nicht so wie bei uns. Der Kampf in Rojava, den die Kurdinnen und Kurden anführen, ist ein Kampf für das Leben, gegen die Barbarei. Sie sind diejenigen, die sich der Terrororganisation Islamischer Staat konsequent entgegen gestellt haben.

Die Regierung der Türkei nutzt nun zynischerweise gerade diesen Anschlag, um ihre Bombardierungen kurdischer Stellungen und Lager zu rechtfertigen. Und die NATO und alle ihre Mitgliedsländer unterstützen sie dabei.

 

Wir müssen begreifen, dass der Kampf in Rojava mehr ist als der Kampf gegen den Islamischen Staat, es geht um die Verteidigung elementarer Rechte und die Angriffe dort sind auch Angriffe gegen uns als Antifaschistinnen und Antifaschisten.

 

Wir sind Zeugen, wie die Regierung der Bundesrepublik  in der Ukraine einer Regierung zur Macht verholfen hat, an der faschistische Kräfte beteiligt sind. Der erste Akt dieser Regierung bestand darin, die russische Sprache zu verbieten. Nun wird der kommunistischen Partei verboten, zu den Wahlen anzutreten.

Am 2. Mai 2014 flüchteten sich mehr als 100 Menschen – Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter,

Linke, Kommunistinnen und Kommunisten – vor einem mehr als tausend Leutezählenden rechtenMob in das Gewerkschaftshaus in Odessa.  Unter den Augen der Polizei und der Sicherheitskräfte warfen rechte Kräfte und Faschisten der Swoboda und des Rechten Sektors Molotowcocktails in das Haus und schossen mit scharfen Waffen gezielt auf Menschen.Mehr als 40 Menschen wurden getötet. Obwohl einige der Täter bekannt sind, werden sie nicht bestraft.

Die Präsenz der NATO an den Grenzen Russlands wird verstärkt und ausgeweitet.

Wir sind Zeugen, wie der Kampf um Rohstoffe, Absatzmärkte  und Einflusssphären ausgetragen wird mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln und wie sich die Verhältnisse zuspitzen.

 

Es ist an uns,  den Ernst der Lage zu begreifen und zu handeln.

Wir müssen begreifen, dass „Nie wieder Faschismus, Nie wieder Krieg“ nicht einfach eine Parole ist. Sondern dass Krieg und Faschismus 2 Gefahren sind, die uns ganz konkret bedrohen. Die jüngsten Entwicklungen zeigen das nur zu deutlich jedem und jeder von uns, die und der bereit ist, die Augen aufzumachen.

 

Wir können uns nicht wegducken, wir können uns nicht in ein anderes Universum beamen, die Realität wird uns einholen. Wir müssen aufhören, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren.

 

Wir sind zu wenige, wir sind zu schwach, wir haben zu wenig gelernt, wir sind zu schlecht organisiert, aber wenn wir eines von den antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und –kämpfern lernen können, dann dieses: Nicht aufzugeben, auch wenn die Lage hoffnungslos erscheint.

 

Das  Leben und das Wirken von August Lütgens, Walter Möller, Karl Wolff und Bruno Tesch, der Männern, Frauen und Heranwachsenden, die sich dem Faschismus und dem Krieg entgegengestellt haben, ist ein unermesslicher Reichtum, von dem wir lernen können und aus dem wir Kraft schöpfen können.

 

Wir können handeln, wenn wir uns organisieren. Wir können Widerstand leisten, wenn wir uns solidarisieren. Wir können gewinnen, in dem Kampf um eine Welt des Friedens und der Freiheit, wenn wir aufhören uns spalten zu lassen.

 

Lasst uns gemeinsam streiten, um menschenwürdigen Wohnraum, um eine Arbeit, von der man leben kann, um eine Arbeit, die Sinn macht und nützlich ist.

Lasst uns auf die Straßen gehen, in Solidarität mit dem griechischen Volk, mit den Antifaschisten in der Ukraine und mit den Kämpferinnen und Kämpfern in Kobane.

Lasst uns gemeinsam kämpfen gegen den Faschismus. Gegen die Nazis, die am 12.September hier in Hamburg demonstrieren wollen. Gegen Nationalismus und Chauvinismus in den  Köpfen.

Lasst uns gemeinsam kämpfen gegen den drohenden Krieg. Gegen Bundeswehroffiziere an  Schulen, gegen Rüstungsproduktion und Rüstungsexport in Hamburg, gegen die geistige und materielle Mobilmachung.

 

 

Für heute und morgen: Vier von uns!

Für das Heute und Morgen: Widerstand entwickeln!