Sonnabend, 13. April, 13.00 Uhr – „Gedenken am Höltigbaum“ für die dort auf dem Schießstand während des Zweiten Weltkrieges erschossenen Wehrmachtssoldaten.

2. April 2019

Mitwirkende: Schüler*innen des Gymnasiums Osterbek

Ort: Haus der Wilden Weiden, Eichberg 63, 22143 Hamburg

Unter dem Titel „Die Vergessenen“ wartet auch dieses Jahr das Osterbek-Gymnasium mit einer Premiere auf. 26 Schülerinnen und Schüler aus dem Theaterkurs führen eine szenische Lesung auf, in der die friedliche Naturidylle in einem Gedicht von Arthur Rimbaud eine überraschende Wendung erfährt. Die Gymnasiastin Jasmin Thießen wird die Inszenierung mit Liedern begleiten – Ein Flüchtling aus Syrien berichtet über die Zwangsrekrutierung seines Bruders und die Zwänge, die jetzt die Türkei in Afrin ausübt – Georg Chodinski stellt das Schicksal des Wehrmachtsdeserteurs Konrad Mannshardt vor – Schweigeminute an der Gedenktafel für die hingerichteten Wehrmachtsdeserteure –

Veranstalter: Bündnis Hamburger Deserteursdenkmal

„Was kann man besseres tun, als auch in Zukunft den Krieg – und zwar jeden Krieg – zu verraten!“ Ludwig Baumann (1921-2018)

Am Truppenschießplatz Höltigbaum in Hamburg Rahlstedt wurden im 2. Weltkrieg mindestens 150 Soldaten erschossen, weil sie das staatlich sanktionierte Morden und Sterben satt hatten und sich dem Krieg verweigerten. Zeitzeugen vermuten, dass es wesentlich mehr waren. Erschreckend hoch ist die Zahl der Hinrichtungen in den letzten Kriegswochen: 43 im März und 42 im April 1945. Wie blindwütig die Wehrmachtsjustiz Urteile vollstrecken ließ, zeigt die hohe Gesamtzahl ihrer Opfer: 50.000 kriegsgerichtliche Todesurteile, von denen 30.000 vollstreckt wurden, davon 23.000 an Deserteuren. Die Urteilsgründe hießen „Unerlaubte Entfernung von der Truppe“, „Fahnenflucht“ oder „Feigheit vor dem Feind“. An diese erschossenen Deserteure wollen wir erinnern.

In der Nachkriegszeit waren die überlebenden Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Westdeutschland gesellschaftlich geächtet und wurden als gewissenlose Feiglinge gebrandmarkt. Erst im Mai 2002 sind die Urteile an Wehrmachtsdeserteuren vom deutschen Bundestag aufgehoben worden, und sieben Jahre später rehabilitierte das hohe Haus endlich auch die wegen „Kriegsverrat“ Verurteilten. Dieser Anerkennung war ein jahrelanges Ringen, ausgehend von der „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“, vorausgegangen. Ludwig Baumann, der kürzlich verstorbene Vorsitzende der Bundesvereinigung, 1942 zum Tode verurteilt, später zu 12 Jahren Zuchthaus „begnadigt“, hatte an der politischen Rehabilitierung einen entscheidenden Anteil.

Auch heute suchen Deserteure Schutz vor Verfolgung in ihren Heimatländern. Menschen, die weder die Gemetzel regulärer Armeen noch aufständischer Gruppen mitmachen wollen. Viele Deserteure leben heute in unserer Nachbarschaft als Flüchtlinge und fürchten eine Abschiebung. Da Fahnenflucht als Asylgrund in Deutschland nicht anerkannt wird, sprechen sie nicht offen von ihren Gründen der Flucht, auch weil sie eine Verfolgung ihrer Angehörigen im Heimatland fürchten. Die Deserteure der heutigen Kriege brauchen unsere Solidarität.