Um unserer Kinder willen ja und ja zum Leben!

25. Oktober 2013

Nachruf auf Hilde Benthien.

Am 30. Juli ist unsere Kameradin, Genossin und Freundin Hilde Benthien verstorben.

Hilde Benthin

Hilde wurde am  13. Mai 1921 geboren und wuchs in einem kommunistischen Elternhaus auf. Während des Faschismus war die Familie Teil des Widerstands, sie versteckten Wehrmachtsdeserteure, sammelten Lebensmittelmarken und Geld für die Rote Hilfe.

Nachdem Hildes Familie 1943 ausgebombt wurde, nahmen Rosa und Irma sie in die thälmannsche Wohnung auf, Ernst war da schon lange verhaftet. Hilde erzählte oft von dieser Situation, vor der ausgebombten Wohnung und dem Nichts zu stehen und dem Aufgefangenwerden durch die anderen, die auch nichts hatten. Diese Solidarität war es, die den Widerstand gegen den Terror der Nazis überhaupt möglich machte.

Am 8. Mai 1945 musste die faschistische Regierung kapitulieren, und nach und nach kehrten die Gefangenen aus den KZs und Zuchthäusern zurück. Die Hamburger Antifaschisten organisierten Willkommensdemonstrationen, doch diese wurden von britischen Panzern auseinandergejagt. Hilde erzählte immer wieder von den Worten ihres Vaters, Otto Engler, der angesichts dieser Tatsache sagte „Wir haben noch nicht gewonnen, das geht weiter wie vorher.“

Hilde war 12 gewesen, als die Faschisten die Macht übernahmen und 24 Jahre als sie endlich besiegt werden konnten, sie hatte nur die Gelegenheit, die Volksschule zu besuchen, und mit 15 musste sie bereits arbeiten. Sie liebte große Literatur und erzählte immer wieder begeistert von den ersten Romanen, die sie nach Ende des Faschismus endlich in die Hände bekam und las: Anna Seghers, Egon Erwin Kisch, Bredel, Feuchtwanger, Brecht, Arnold Zweig, Tolstoi, Makarenko, um nur einige zu nennen.

Wie Hildes Vater gesagt hatte, ging der Streit für eine andere Gesellschaft nach 1945 weiter. Hilde war in der Freien Deutschen Jugend aktiv, die 1952 von der Adenauer-Regierung verboten wurde, und ihr Engagement gegen Krieg und Wiederaufrüstung in der BRD brachte Hilde einen Haftbefehl wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens und Rädelsführerschaft ein. Im März 1953 wurde sie mit ihrem Sohn, der erst 6 Wochen alt war, verhaftet, musste jedoch aufgrund auch internationaler Proteste nach 6 Wochen wieder entlassen werden.

In einem Brief aus der Haft schreibt sie: „Die Solidaritätsbeweise der Frauen am Mittwoch haben mich erfreut und wieder das Gefühl gestärkt, ich bin doch nicht allein! Alles ist letzten Endes doch die Frage: Werden die Menschen ein neues Völkermorden verhindern können? Um unserer Kinder willen ja und ja zum Leben. Dieses geht vorrüber, wenn man mich auch wie einen Verbrecher isoliert. Recht hat immer der, der für das Recht ist.“

Hilde war ihr ganzes Leben aktiv gegen Faschismus und Krieg. Sie war und ist Teil der Arbeiterbewegung in diesem Land, Teil der Menschen, die dafür kämpfen, den Kapitalismus zu Grabe zu tragen und eine Gesellschaft aufzubauen, die nicht geprägt ist von dem Krieg eines jeden gegen jeden, eine Gesellschaft, die frei ist von Ausbeutung, Krieg und Faschismus. Für dieses Ziel hat sie beharrlich und unbeirrt gearbeitet. Sie hat sich ihrer Arbeit nie gerühmt, sie sah es einfach als selbstverständlich an. Wir sind froh und stolz, einen Teil des Weges mit ihr geteilt zu haben.

Hilde, wir werden Dich nicht vergessen und den Streit in Deinem Sinne weiterführen!

Nicole Drücker